Reise in die Normandie
Wir – meine Schwester Marion und ich und unsere beiden Hunde, Yoko, Cockapoo Mädchen, 7 Monate, und Muck – sind am Freitag 25. Juni gestartet. Übernachtet haben wir auf einem Hof, wo für eine Hochzeit am Samstag alles vorbereitet wurde. Es muss eine sehr nasse Hochzeit gewesen sein. Der Hof – La Ferme de la Sensée in Gouy-sous-Bellonne (diesen Ort muss man nicht kennen…) hat uns gut gefallen, sehr schön eingerichtet, nette Leute, gutes Frühstück zusammen mit den anderen Gästen an einem großen Tisch, nur das Abendessen war etwas gewöhnungsbedürftig. Im Ort gibt es kein Restaurant, aber auf dem Dorfplatz eine Friterie mit so leckeren Sachen wie Hamburger, Frites, Brochette, Croque Monsieur u.ä. Wir mussten Schlange stehen, der Andrang war groß. Wir haben dann im Hof unser Festmahl verzehrt, sehr überschaubare brochettes de boeuf respektive provençale und eine unüberschaubare Anzahl von frites – nicht ganz so, wie wir uns unseren ersten Abend im schönen Frankreich erträumt hatten…
Aber dann kamen wir an unserer Ferienwohnung an Le Manoir Mémartin in Juilley – auch das ein Ort, den man nicht unbedingt kennen muss. Das Haus lohnt sich kennenzulernen!
Etwas abseits einer schnurgeraden Straße zwischen Pontaubault und St. James, sehr geschmackvoll eingerichtet, Parterre der Wohnraum mit Kochecke, dahinter ein Abstellraum, die Treppe hoch zu 2 Zimmern mit je einem französischen Doppelbett (die Matratzen sind sehr gut, die Betten dürften gerne 10 cm länger sein) und zum Bad. Und hinter dem Haus ein traumhafter Park und das alles in einer himmlischen Ruhe. Unsere Hunde genießen es, im Park zu spielen und herumzulaufen, wir genießen es, morgens auf der Terrasse in der Sonne zu frühstücken. – Ach ja, das Wetter. Die Fahrt verlief größtenteils im Regen; wir trösteten uns damit, dass zu viel Hitze für die Hunde sowieso nicht gut sei und wir wären schon zufrieden, wenn es keinen Dauerregen gäbe. Und was soll ich sagen: wir haben gestern und heute, Montag, draußen gefrühstückt, Samstag einen längeren Spaziergang gemacht, gestern einen halben Tag Sonne gehabt, dazwischen immer wieder Regen, aber wir kommen gut damit zurecht.
Zum Haus bzw. gîte: es gibt nur Monsieur M., der alles alleine macht. 1989 hat er das Anwesen gekauft, das damals nur noch eine Ruine war. Er liebt Architektur, Bauen, Räume gestalten, die Natur und er liebt das Moyen Âge. Wir finden das absolut erstaunlich und haben ihn gefragt, wo er das alles gelernt habe. Nun, man muss darüber nachdenken und einen Plan machen. Gute Organisation ist das Wichtigste. Tja, wenn das so einfach wäre, hätte ich wahrscheinlich auch schon mal eine Hütte bauen können… Und er pflegt alles! Alleine, wenn ich daran denke, wie lange ich zumindest gebraucht habe, um die Blumenbeete, die Tomaten, die Obstbäume damals auf unserem Grundstück in Pouylebon zu pflegen, kann ich mir kaum vorstellen, wie ein einzelner Mensch diesen großen Park instand hält, jede Menge Blumen pflanzt, dann das Gebäude gegenüber dem Manoir allmählich ausbaut – er will dort ein Restaurant machen mit bis zu 80 Plätzen… keine Ahnung, wie er das alles hinkriegt und er kriegt es hin. Zudem ist er ausgesprochen freundlich und hilfsbereit; wenn er den Eindruck hat, dass sein Gegenüber des Französischen mächtig ist, rattert er in unglaublicher Geschwindigkeit los und erzählt vom Haus, von der Einrichtung, wo er welche Steine (bis zu 400 kg Gesamtgewicht) für den weiteren Ausbau gefunden hat, welche Orte es wert sind, besichtigt zu werden, wo man gut essen kann, welche Pflanzen so am besten gedeihen etc., etc. – einfach unglaublich. Und er wird wohl im Herbst heiraten – er ist ca. 60 Jahre alt – seine Braut ist Inderin, sie kann wegen Corona noch nicht kommen. Und überhaupt ist er zufrieden, dass er mit ihr zusammen ist, weil sie ihn voll und ganz unterstützt. Und solche Frauen findet man heute nicht mehr in Frankreich, sagt er.
Fazit bisher: Ich kann diese Ferienwohnung nur empfehlen, man ist sehr schnell bei einer Reihe von sehenswerten Orten, z.B. dem Mont St. Michel, der Park ist traumhaft schön, die Ruhe himmlisch, die Wohnung geschmackvoll eingerichtet und es ist alles vorhanden, was man braucht, und auch das nicht als Billigware.
Am Montag haben wir einen Ausflug nach Granville, dem Monaco des Nordens, gemacht. „Elles (= Monaco & Granville) ont en commun d’être perchées sur un rocher face à la mer, ce qui vaudra à Granville le surnom de Monaco du Nord. Mais outre la géographie, les deux villes partagent également le fait d’avoir été dirigée par le même homme, Jacques IV de Matignon, gouverneur de Granville devenu Prince de Monaco.“ https://www.francetvinfo.fr/culture/patrimoine/entre-granville-et-monaco-trois-siecles-dhistoire-commune_3345357.html). Wir hatten nicht unbedingt diesen Eindruck von einem Monaco des Nordens, aber vielleicht müssten wir dazu die Stadt besser kennenlernen. – Man kann übrigens von hier aus schnell nach Jersey und Guernsey fahren.
Am Dienstag waren wir in St. Malo, das ist in der Bretagne – wir wohnen hier in der Basse Normandie.
St. Malo wurde zu 85% im 2. Weltkrieg zerstört, es wurde wieder aufgebaut und sieht heute wie damals aus, eine Festung, die rekonstruierte Altstadt von hohen Mauern umgeben. Die Stadt war auch berühmt wegen ihrer vielen Korsaren bzw. Freibeutern. Falls euch das interessiert: ich habe einen rel. kurzen Bericht dazu gefunden – und ich habe endlich gelernt, was ein Freibeuter und was ein Pirat ist und natürlich was es mit den Korsaren auf sich hat https://www.schulfahrt.de/blog/2020/02/26/saint-malo-korsaren/ zur Geschichte der Seeräuberei in Frankreich. Wir sind nicht sehr lange geblieben, es wimmelte von Tourist*innen – klar, ist ja jetzt Hochsaison. Wir haben stattdessen einen langen Spaziergang an einem fast leeren Strand gemacht, wo sich unsere beiden Hunde austoben konnten.
Foto: Ellinor Haase
Foto: Ellinor Haase
Dienstag haben wir Dinard besucht, es liegt gegenüber von St. Malo. Dinard, so lese ich, wird auch als Nizza des Nordens und Perle der Smaragdküste bezeichnet (übrigens wurde Wiesbaden in seiner Glanzzeit auch Nizza des Nordens genannt…). Ein großes Casino, viele elegante und teure Hotels, kein Ortskern, nur eine Aneinanderreihung von Häusern, Hotels, Läden, Restaurants – es hat uns nicht gefallen, obwohl Freunde sagten, dass auch Dinard schöne Ecken hat. Das Meer hingegen sah wunderbar aus – ein tiefes klares Grün bis zum Boden. Nur viel zu kalt.
Und ein schöner Fußweg an den Felsen lang mit dem Blick aufs Meer – sehr schön.
Foto: Ellinor Haase
In Avranches, ca. 12 km von uns entfernt, haben wir ein kleines Restaurant entdeckt: Chez Wiwi mit sehr gutem Essen zu moderaten Preisen und mit einer absolut freundlichen Bedienung. Wir waren bisher viermal dort essen. Wir vermeiden es zu kochen, wenn wir nicht ins Restaurant gehen, kaufen wir beim „traiteur“ fertig zubereitete Speisen, bisher haben wir alle diese Gerichte genossen. Für das Frühstück kauft Marion in Saint-James (wird übrigens nicht englisch, sondern französisch ausgesprochen: sɛ̃ʒam und nicht etwa der heilige James – engl. Vorname) ein Baguette, dazu gibt es Käse, natürlich Sorten, die wir noch nicht kennen, Paté, Konfitüre, Honig und ein großer Café au lait. Wenn wir abends zu Hause essen, darf der Wein nicht fehlen; wir haben uns vorsichtshalber einen 5-Liter-Kanister besorgt. Wir sind rundum zufrieden und unsere Hunde auch. Obwohl Yoko sich häufig langweilt, weil weder Marion noch Muck mit ihr spielen wollen…
Wir haben unseren Vermieter gefragt, wieso er denn einen englischen Vornamen habe und der Nachbarort ebenfalls englisch sei. Das, meinte er, habe mit den vielen englischen Besatzungen im Laufe der Jahrhunderte zu tun; die Soldaten hätten vor ihrem Abzug eben viele Kinder dagelassen, denen habe man den jeweiligen Namen des Vaters gegeben und das über Generationen. So heiße er James nach seinem Vater, der James William hieß. Er war als Kind le petit James und sein Vater der grand James und später sei es umgekehrt gewesen.
Wir finden es schön, dass an jedem Tag der Woche irgendwo Markt ist. (https://www.jours-de-marche.fr/) Am Freitag gibt es einen Wochenmarkt in Sartilly und in Brécey; wir fahren nach Brécey. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem Schild vorbei: Fraises Chopin. Wir halten; frische Erdbeeren aus dem eigenen Garten ohne jede Art von Zusätzen. Und so schmackhaft! Wir kaufen zwei Schalen und fahren weiter. In Brécey laufen alle mit Maske herum, auf Abstand wird etwas weniger geachtet, aber wir sind ja an der frischen Luft. Obst und Gemüse – man möchte sofort zugreifen, so appetitlich sieht alles aus. Und der Käse natürlich! Unsere Hunde verweilen länger an den Fleisch- und Wurstständen und lassen sich nur mit Mühe weiterziehen. Einige Stände mit Kleidung und Schuhen. Wir fahren zurück über Avranches und reservieren einen Tisch für abends Chez Wiwi. – Das Abendessen ist wieder sehr lecker, besonders die „spécialité du chef: Coquille ST-jacques sur une fondue de poireauxà la crème et ses gambas flambées“. Unsere Hunde sind auch zufrieden, sie bekommen zu Hause die Reste, die wir in einem doggy bag mitnehmen.
Samstags ist Markt in Avranches – nicht nur auf dem Platz an der Kirche, nein, auch in vielen Gassen und kleinen Straßen ringsum. Es macht Spaß herumzulaufen, auch wenn wir leider gar nichts brauchen. Wir kaufen beim traiteur und in einem Fischgeschäft salade de crevettes und für unsere Hunde zwei Makrelen. Yoko lässt sich viel Zeit beim Fressen, ist aber das trockene Hundefutter mit etwas Fleisch oder Fisch vermischt, stürzt sie sich drauf. Und Muck sowieso, er ist ein Allesfresser und er zeigt äußerst selten, dass er satt ist….
Wir fahren nochmal ans Meer, Richtung Courtils, es gibt einen Wanderweg am Meer entlang, in der Ferne sehen wir den Mont St. Michel, zu Fuß 10,5 km, 2 Std. 35 Minuten. Wir verzichten darauf.
Yoko versucht unverzagt, Muck zum Spielen, d.h. Nachlaufen und Draufspringen zu animieren, manchmal klappt es, manchmal läuft Muck zwischen meine Beine, um ihr zu entkommen. Yoko ist unermüdlich. Wir sind schon fast am Auto, da springt sie in die Wiese und landet in einem Wassergraben und kommt grün gesprenkelt wieder hoch, voller Kletten. Es soll dann fast eine Stunde dauern, bis sie frisch geduscht und „entklettet“ ist.
Foto: Ellinor Haase
Wir fahren Richtung Mont St. Michel, weil Marion ihn sich doch mal aus der Nähe ansehen will. Es gibt einen Shuttle, Hunde sind nur erlaubt, wenn man sie in die Tasche packen kann. Ansonsten muss man zu Fuß gehen. Und es sind immerhin 5 km vom Parkplatz aus. Auch das wollen wir uns nicht antun, vor allem, als wir die Menschenmassen sehen, die sich dorthin bewegen.
Wir bekommen von Monsieur M. frische Bettwäsche und Handtücher; er gibt auch Anweisungen, welche Bettwäsche für welches Zimmer gedacht ist. Aber es passt einfach farblich gut zueinander, wie er es verteilt.
Zwei Personen sind bei ihm, ein Maurer, der jeden Samstag kommt; Monsieur M. sagt, dass er nicht gut im Mauern ist. Und ein weiter entfernt lebender Nachbar, der ihm seinen Traktor ausleiht. Er spricht ein wenig Deutsch, das habe er gelernt, um in die Partnerstadt von St. James zu fahren: Erkelenz. – Von seinem direkten Nachbarn, einem Engländer, sein Haus steht gleich nebenan, näher zur Straße, hat er die Betonmischmaschine ausgeliehen. Und so kann er daran gehen, die schweren Steine an den zwei Türen einzulassen. Überhaupt versucht er, möglichst Originalteile zu verwenden: alle Schlösser in den Türen sind alte Originale, er hat Wappen aufgetrieben, die aus der Zeit des Hauses stammen – 15. Jahrhundert; die schweren Steine als Schwelle und als Torabschluss, sowie die etwas kleineren Steine zu beiden Seiten der Türen und Tore findet er bei seinen Fahrten über Land dorthin, wo verlassene Häuser und Ruinen zu finden sind.
Am Sonntag haben wir schon mehr als die Hälfte unseres Urlaubs hinter uns. Es regnet, keine Chance, das Frühstück auf der Terrasse einzunehmen. Wir fahren nach St. James, weil wir nur den Supermarkt und die Bäckerei kennen und ein bisschen mehr sehen wollen. Eine gewaltige Kirche, die gerade restauriert wird, und daran anschließend ein großes Gebäude, das vielleicht mal ein Kloster war.
Und dann sitzen wir wieder in unserer Wohnung und lesen.
Ach ja, ich habe noch vergessen zu erwähnen, dass Monsieur M. ca. 30 Enten hält, ein paar Hühner – alle in einem sehr gepflegten abgetrennten Bereich, und er hat im vergangenen Jahr ca. 4 kg Himbeeren aus dem Garten zu Marmelade verarbeitet…
Fortsetzung des Beitrags folgt bald!